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Interview mit Oliver Upmann – Sportler des Jahres-Ehrung und mehr

Persönliche Fakten:

Jahrgang 1988

Stammt aus Ibbenbüren (NRW, zw. Münster und Osnabrück)

Mit 21 für das Studium nach Mannheim gezogen

Gespräch:

Es sind gute 2 Monate seit der Ehrung vergangen. Wie hast Du die Ehrung empfunden?

Die Ehrung hat mich wirklich aus der kalten Küche erwischt. Ich wurde von Norbert Mahninger eingeladen und wurde dann von der Ehrung als Sportler überrascht. Die Ehrung fand statt im kleinsten Kreis im Ratssaal. Es war kurz und knackig gehalten, nach 30 Minuten war schon wieder alles vorbei.

Hat sich seit der Ehrung bei Dir oder auch im Training etw. verändert?

Überhaupt nicht.

Hast Du heute ein anderes Gefühl auf der Matte seit der Ehrung?

Seit der Ehrung nicht, aber nach den Paralympics habe ich mir eine Auszeit genommen, die bis heute anhält. Der 5. Platz war auf jeden Fall ein schöner Abschluss der letzten 10 Jahre und zeigt, dass sich die Bemühungen – auch außerhalb der Matte – bezahlt gemacht haben.

Wie sieht denn Dein Werdegang im Judo aus?

Judo betreibe ich seit 1994 und bin da über meinen größeren Bruder, der mit Judo angefangen hatte, reingekommen. Als Kind war ich auch bei den ersten Wettkämpfen. 2009 kam ich nach Mannheim und startete fortan bei den Senioren im Wettkampf. 2010 kam dann die WM, auf der ich 5. wurde, den Platz hatte ich dann bei den Paralympics 2012 in London auch nochmal. Nach dem Ausscheiden bei den Paralympics 2016 in Rio war der 5. Platz 2021 bei den Paralympics in Tokio ein richtig toller Erfolg.

Was waren (davon) Deine persönlichen Höhepunkte?

Es hat in meiner bisherigen Laufbahn sehr viele Highlights gegeben, die ersten Paralympics, aber auch das erste Mal Japan. Sehr schön waren auch die Paralympics 2021 in Tokio im Budokan, einem heiligen Ort des Judo, ein Ort mit viel Inspiration; man merkt, dass ein besonderer Dunst in den Räumlichkeiten schwebt. Es war sehr schön, darauf hintrainiert zu haben, daher war es wunderbar, dass 2021 stattfinden konnte.

Ich habe unheimlich viele Erfahrungen auf dem Weg gemacht, etwa Trainingseinheiten im Ausland, aber auch der Schweiß und der Schmerz. Das war eine harte Schule, die einen geformt hat.

Wie sahen die Trainingsvorbereitungen für die Paralympics aus?

Tatsächlich unterschiedlich, die ersten (Anm.: London 2012) waren anders als die letzten. Vor Tokio stand viel mehr die Praxisnähe zum Judo im Vordergrund, viele Randori-Einheiten. Nach meiner Operation stand natürlich auch viel physisches Training im Vordergrund. Auch die Einschränkungen durch Corona haben die Vorbereitung für 2021 verändert. Für eine gewisse Zeit waren wir nur auf Mannheim beschränkt, durften als Athleten mit Ausnahmegenehmigungen trainieren. Zudem arbeite ich seit 2017 in Vollzeit, das war also eine unheimlich stressige Doppelbelastung.

Kommen wir von der Wettkampfebene mehr auf eine Grundsatzebene: Was macht das Judo für Dich aus?

Zu Beginn, als ich über meinen großen Bruder zum Judo kam, hatte ich einen unheimlichen Bewegungsdrang, den das Judo etwas auffangen konnte. Als Kind kämpfte ich dann auch auf den ersten Wettkämpfen. Im Laufe der Jahrzehnte sind die Werte mehr durchgekommen. Judo ist viel mehr als eine Sportart. Es ist – ähnlich wie damals von Jigoro Kano beschrieben – ein Erziehungsmodell. Ich habe über die letzten Jahre die (Judo-)Werte verinnerlicht, sie sind ein Wegweiser im Leben. Bescheidenheit, Höflichkeit und Respekt sind sehr wichtige Werte für mich. Einer der Kernpunkte im Judo ist der Respekt vor dem Partner, wir sind als Judoka auf den Partner angewiesen.

Werden diese Werte auch auf der äußerst kompetitiven Wettkampfebene gelebt?

Verbeugungen sind im Wettkampf tatsächlich eher Formalien. Aber Judoka halten zusammen! Jeden Wettkämpfer, auch meine Kontrahenten auf der Matte, habe ich neben der Matte als sehr höflich und freundlich wahrgenommen; der gegenseitige Respekt ist enorm. Die meisten Judoka die ich kennengelernt habe haben die Judowerte verinnerlicht.

Siehst Du Unterschiede zu den Nicht-Para-Judoka?

Jene Judoka sind mehr fokussiert auf visuelle Eindrücke, etwa ganz zu Beginn beim Griffkampf. Wir sehgeschädigten Para-Judoka fangen bereits gegriffen an. Beim Kampfgeist gibt es keine Unterschiede. Daher finde ich unsere Trainingseinheiten hier in Mannheim, Heidelberg und Eppelheim mit allen auch so gut. Das Thema Inklusion wird im Verein auf- und abseits der Matte gelebt, im Training wie auch im Wettkampf.

Du bist vor nicht allzu langer Zeit Vater geworden, wie lässt sich das mit dem Sport vereinen?

Die Vereinbarkeit Familie, Beruf und Judo ist schwierig, aber machbar.

Dann alles Gute und weiterhin viel Erfolg im Judo. Danke Olli für das Interview!